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und ihn noch rasender zu machen.9
Die Cautiva sprach wie jemand, der ein Gebet auswendig
hersagt, aber ich hörte auf der Straße die Indios der Wüste und
die Schreie. Ein Stoß, und sie befanden sich im Saal, und es war,
als seien sie zu Pferd hereingekommen in die Räume eines
Traums. Es waren Betrunkene von der Küste. In der Erinne-
rung wirken sie sehr groß. Der als erster hereinkam, versetzte
Rufino, welcher nahe an der Tür stand, einen Stoß mit dem
Ellenbogen. Rufino verfärbte sich und wich zur Seite. Die
Señora, die sich nicht von der Stelle gerührt hatte, stand auf
und sagte:
: Das ist Juan Moreira.9
Nach so langer Zeit weiß ich nicht mehr, ob ich mich an den
Mann jener Nacht erinnere, den Banditen Moreira, oder an
einen anderen, den ich später o8à auf Viehmärkten gesehen
habe. Ich denke an die Mähne und den schwarzen Bart Pode-
stäs, aber auch an ein rötliches, pockennarbiges Gesicht. Der
kleine Köter kam herbeigestürzt, um ihn zu begrüßen. Durch
einen Hieb mit der Reitpeitsche streckte Moreira ihn auf den
Boden nieder. Er fiel auf den Rücken und starb mit zuckenden
Pfoten. Hier nimmt die Geschichte nun wirklich ihren Anfang.
Geräuschlos erreichte ich eine der Türen, die auf einen engen
Gang und eine Treppe führte. Oben versteckte ich mich in
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einem dunklen Zimmer. Ich weiß nicht, welche Möbel noch
darin standen außer dem Bett, das sehr niedrig war. Ich zit-
terte. Unten wurde weitergeschrien, und etwas Gläsernes ging
zu Bruch. Ich hörte Frauenschritte herau7àommen und sah
einen flüchtigen Lichtspalt. Dann rief mich die Stimme der
Cautiva, als wolle sie mir Trost zuflüstern.
: Ich bin hier, um zu dienen, aber nur friedlichen Leuten.
Komm her, und ich werde dir nichts Böses tun.9
Sie hatte sich den Kittel bereits ausgezogen. Ich legte mich
an ihre Seite und suchte mit den Händen ihr Gesicht. Ich weiß
nicht, wieviel Zeit verging. Es fiel kein Wort, es gab keinen
Kuß. Ich löste ihre Haarflechte und spielte mit den Haaren, die
sehr glatt waren, und dann mit ihr. Wir sollten uns nicht
wiedersehen, und ich erfuhr niemals ihren Namen.
Ein Gewehrschuß betäubte uns. Die Cautiva sagte:
: Du kannst über die andere Treppe hinaus.9
So machte ich es und fand mich auf der Straße aus Lehm. Es
war eine Mondnacht. Ein Polizeiwachtmeister mit Gewehr und
aufgepflanztem Bajonett bewachte die Lehmmauer. Er lachte
und sagte:
: Du bist mir ja ein Frühaufsteher.9
Ich muß ihm etwas geantwortet haben, aber er beachtete
mich nicht. Von der Lehmmauer löste sich ein Mann. Mit
einem Satz stieß ihm der Wachtmeister den Stahl ins Fleisch.
Der Mann stürzte zu Boden und blieb stöhnend und blutend
rücklings liegen. Mir fiel der Hund ein. Um ihn ein für allemal
zu erledigen, stieß der Wachtmeister das Bajonett aufs neue in
ihn hinein. Mit einer Art Freude sagte er:
: Moreira, heute hat dir die Schießerei nichts genutzt.9
Von überall eilten Uniformierte herbei, die das Haus umzin-
gelt hatten, und dann die Nachbarn. Andrés Chirino hatte
Mühe, die Waffe herauszureißen. Alle wollten ihm die Hand
drücken. Rufino sagte lachend:
: Dieser Kerl hat kein Gericht mehr nötig.9
Ich ging von Gruppe zu Gruppe und erzählte den Leuten,
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was ich gesehen hatte. Auf einmal fühlte ich mich sehr müde;
vielleicht bekam ich Fieber. Ich machte mich davon, holte
Rufino, und wir kehrten heim. Vom Pferd aus sahen wir das
weiße Licht der Morgendämmerung. Mehr noch als müde,
fühlte ich mich wie betäubt von den sich überstürzenden Ereig-
nissen.«
»Von dem großen Strom dieser Nacht«, sagte mein Vater.
Der andere pflichtete ihm bei:
»Genau. In der knappen Zeitspanne weniger Stunden hatte
ich die Liebe kennengelernt und den Tod gesehen. Allen Men-
schen wird alles offenbar oder wenigstens alles das, was kennen-
zulernen einem Menschen gegeben ist, aber mir wurden diese
beiden wesentlichen Dinge zwischen Abend und Morgen offen-
bar. Die Jahre vergehen, und ich habe die Geschichte so o8à
erzählt, daß ich nicht mehr weiß, ob ich mich wirklich an sie
selber erinnere oder nur an die Worte, mit denen ich sie erzähle.
Vielleicht war es der Cautiva mit ihrem Indio-Überfall ähnlich
ergangen. Aber jetzt ist es gleich, ob ich es war oder ein anderer,
der mitangesehen hat, wie Moreira umgebracht wurde.«
Spiegel und Maske [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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